Wie die Wettiner das Laufen lernten – der lebendige Fürstenzug
In abendlicher Feierlaune nach einem erfolgreichen regionalen Herrscherzug zum 10. Geburtstag des Mittelsächsischen Kultursommers fiel im September 2003 der bedeutungsschwere Satz “Nun schaffen wir auch den Fürstenzug!” – ausgesprochen von Andreas Lorenz, Herr über die edlen Vierbeiner des Seelitzer Reit- und Fahrvereins.
Gemeinsam mit dem Mittelsächsischen Kultursommer, der Rochlitzer Kostümwerkstatt vom Netzwerk Mittweida und Schloss Rochlitz als künftiger Heimstatt der hochwertigen Roben ging man daran, das berühmte Wandbild am Dresdner Stallhof zum Leben zu erwecken. Mit der Vereinsgründung gesellten sich die Stadt Rochlitz, die Gemeinde Seelitz, die Seelitzer Freizeit GmbH sowie der Heimat- und Verkehrsverein “Rochlitzer Muldental” hinzu.
Viele, denen das wagemutige Vorhaben zu Ohren kam, äußerten Zweifel ob der Umsetzbarkeit. Doch bereits zur Pressekonferenz im Oktober 2004, als sich die ersten wettinischen Herrscher samt Fußvolk unter dem Original in der Augustusstraße aufstellten, war allen klar: Das wird etwas ganz Besonderes! So sahen es auch die Organisatoren der Dresdner 800-Jahr-Feier, und schon stand der große Festumzug als Premierentermin fest.
Fieberhaft wurde nun auf den großen Tag hingearbeitet. Anhand unzähliger Fotos und Fachbücher wurden Recherchen betrieben, Schnitte entwickelt, passende Stoffe und Accessoires gesucht. Über 130 fleißige Frauen nähten und stickten die prachtvollen Kostüme für Zwei- und Vierbeiner, Schloss-Mitarbeiter wurden zu Waffenspezialisten. Gleichzeitig galt es, für die 94 abgebildeten Personen Darsteller zu finden, Sponsoren und Partner zu suchen, geeignete Pferde auszuwählen, zahlreiche Proben und die Auftritte generalstabsmäßig zu planen – stehen doch hinter den fast 100 Akteuren mindestens ebenso viele Helfer.
Alle Beteiligten, ob vor oder hinter den Kulissen, einte die Begeisterung für “ihr” Projekt, und so fand sich auch für manches schier unlösbare Problem immer wieder ein Ausweg.
Die Premiere am 27. August 2006 entschädigte für alle Mühen. Rund eineinhalb Millionen Menschen jubelten den Wettinern und ihrem Gefolge zu. Sie erfreuten sich nicht nur an dem stolzen Zug sondern waren auch bestens über seine Entstehungsgeschichte informiert. Zwei Wochen später lockte ein Auftritt von Rochlitz nach Seelitz über 10.000 Menschen in die Region.
Der lebendige Fürstenzug möchte nicht nur die Herzen seiner Betrachter erfreuen, sondern auch zur Beschäftigung mit sächsischer Geschichte anregen und auf seine Heimatregion im Tal der Burgen aufmerksam machen.